Über die Rolle Walter von Ruckteschells während der deutschen Kolonialherrschaft in Deutsch-Ostafrika und während der Zeit des Nationalsozialismus wird aktuell kontrovers diskutiert. Folgende Besucherinformation hierzu von Kreisheimatpflegerin Dr. Birgitta Unger-Richter wird in der Ruckteschell-Villa vorgehalten.

Wenn Sie in Dachau die Münchner Straße stadtauswärts Richtung Karlsfeld fahren, ist Ihnen vielleicht zur linken Seite schon einmal ein renoviertes Haus mit einem auffälligen Zugangsbereich aufgefallen: Hier lebte in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts das Künstlerehepaar Ruckteschell mit seiner Familie, bis der Haushalt in Dachau 1958 aufgelöst wurde.

Im Zuge der mehrjährigen Renovierungsarbeiten von 2006 bis 2011 musste der Eingangsbereich neu errichtet werden. Den Zuschlag für die Gestaltung des Eingangsbereiches erhielt der Karlsfelder Künstler Klaus Herbrich. Seine Idee, über das „Rote Band“ zum Hauseingang zu gelangen, lässt Sie über den „Roten Teppich“ zur Eingangstür kommen.

Im Jahre 1921 hat das Künstlerehepaar Ruckteschell das Haus in der Münchner Straße (damals Hausnr. 22b) erworben, das im Jahr 1911 – damals noch wesentlich kleiner – erbaut worden war. In den folgenden Jahren hat das Ehepaar Ruckteschell dieses Haus, das damals noch weit außerhalb des Zentrums lag, sehr individuell und liebevoll an- und ausgebaut.

Das Ehepaar Ruckteschell bewohnte das Haus mit den beiden Kindern Ruth und Roland. Während Walter von Ruckteschell vor allen Dingen als Bildhauer tätig war, entwirft Clary von Ruckteschell-Truëb in ihrer keramischen Werkstatt Gebrauchskeramik für Haus und Garten.

Die Stadt Dachau, seit 1994 Eigentümerin des Künstlerhauses, hat eine umfangreiche Renovierung nach dem Konzept einer „Lebendigen Künstlervilla“ durchgeführt. Die vorgesehene Nutzung beinhaltet drei Elemente: Der museale Teil vermittelt den Besuchern einen Eindruck davon, wie die Künstlerfamilie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts hier in Dachau gelebt hat.

Der zweite Aspekt, das ehemalige Atelier des Künstlers Walter von Ruckteschell auch heute für kreatives Arbeiten zu nutzen, wird von der Kunsttherapeutin Sina Weber in ihrem „Freien Atelier“ umgesetzt. Hier können sich Kinder und Erwachsene unter Anleitung künstlerisch ausprobieren und weiterentwickeln.

Im 1. Stock des Künstlerhauses können heute Künstler und Musiker aus aller Welt für einen vorübergehenden Zeitraum wohnen, um während der Zeit ihrer Anwesenheit in den Austausch mit Dachauer Künstlern zu treten und das Kunstleben der Stadt zu bereichern.

Die künstlerischen Arbeiten von Clary von Ruckteschell-Truëb sind vor allen Dingen durch ihren Besuch der „Debschitz-Schule“ geprägt. Die Ideen dieser modernen Kunstschule, Kunst und Kunsthandwerk als Einheit zu gestalten, setzt sie in ihrem eigenen Wohnhaus um. So entstehen Lampenschirme, Vorhänge und Möbel.

Bei der Sanierung wurde großer Wert darauf gelegt, möglichst vieles im Originalzustand der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts zu erhalten. So wurde der Kamin mit den historischen Kacheln – gefertigt von Clary von Ruckteschell-Truëb – wieder aufgebaut.

Schreibtisch und Stuhl in diesem Arbeitszimmer hat Walter von Ruckteschell zusammen mit seinem Bruder geschreinert. Diese Möbelstücke sind zwar erhalten, …

… können aber heute im renovierten Künstlerhaus nicht mehr gezeigt werden. Sämtliche Kunstwerke, die im Museum der Ruckteschell-Villa gezeigt werden, wurden von Walter und Clary von Ruckteschell-Truëb geschaffen.

Mit dem Motiv „Mutter und Kind“ setzt sich Walter von Ruckteschell auf vielfache Weise und mit unterschiedlichen Materialien auseinander.

Bevor sich die Eheleute Walter und Clary von Ruckteschell in Dachau niederlassen, lebten sie ab 1913 für einige Jahre in Deutsch-Ost-Afrika, damals deutsche Kolonie. Ursprünglich wegen eines Gemäldeauftrags nach Afrika gereist, kämpft Walter von Ruckteschell auf der Seite der deutschen Truppen im Krieg. Die Eindrücke dieses Aufenthalts spiegeln sich in vielen seiner Werke wider.

Neben Gemälden und Skulpturen entstehen in der Zeit in Afrika zahlreiche Lithographien.

Dieses Foto – kaum zu glauben – entstand in Dachau: Im großzügigen Garten ihres Anwesens hatten sich die Ruckteschells einen Teich ausgehoben und vom Erdreich des Aushubs eine kleine Anhöhe geschaffen; darauf errichteten sie sich ein afrikanisches Teehaus.

Vom Garten der Ruckteschells, der sich bis zur Augustenfelder Straße erstreckte und sehr aufwendig mit Teich, Anhöhe, Teehaus, Staudengarten, Kakteengarten u.ä. gestaltet war, ist leider nicht mehr viel zu erkennen. Zwischenzeitlich ist nahezu das gesamte Areal bebaut.

Das Atelier von Clary von Ruckteschell-Truëb befand sich in dem umgebauten Gartenhaus im großzügig angelegten Garten. Sie – vormals in den Jahren 1907 bis 1913 Leiterin der Keramischen Werkstätten an der Kunstgewerbeschule „Debschitz-Schule“ – richtet dort eine keramische Werkstatt ein.

Ein Blick in die Vitrine des heutigen Museums gibt einen Eindruck von Clary von Ruckteschell-Truëbs Werk: Vasen, Tassen, Keramiklöffel, Zitronenpresse, Schalen und Kerzenständer entstehen auf der Grundlage ihrer Entwürfe. Aber auch die Kacheln des offenen Kamins stammen aus ihrer eigenen Werkstatt.

Eine wunderbare Auswahl von Keramiken aus der Werkstatt Clary von Ruckteschell-Truëb ist im musealen Teil der Ruckteschell-Villa zu besichtigen. Häufig verwendet die Künstlerin bei der Glasur bereits die Craquelée-Technik, die einen besonderen optischen Reiz bietet.

Neugierig geworden? Dann kommen Sie doch einmal persönlich vorbei, um sich in der Ruckteschell-Villa etwas umzusehen oder kreativ tätig zu werden.