Als Zehnjähriger erlebte Fritz Koeniger am 29. April 1945 hautnah die Ankunft der US-Truppen im KZ Dachau. Mit seinen Eltern und sechs Geschwistern wohnte der Junge seit 1939 in einer Werkswohnung der Amperwerke, für die sein Vater arbeitete – am Westrand des Konzentrationslagers, unmittelbar neben den Gleisen, auf denen die Züge mit Deportierten ins Lager rollten. Das Lager prägte seine Kindheit. So sah er auf den Gleisen Waggons mit ausgemergelten Gestalten. Er habe immer den Impuls gehabt, ihnen zu helfen. „Aber ich habe mich nicht getraut – es standen ja überall SS-Posten“, erinnert er sich. Zudem durften die Kinder von den Amperwerken mit dem SS-Bus zur Schule fahren. Vom Bus aus sah er die geschundenen Häftlinge, wie sie bei Regen und bei Hitze auf der „Plantage“ schuften mussten. Besonders eingeprägt hat sich bei Fritz Koeniger der Todeszug aus Buchenwald, der ab dem 28. April 1945 vor ihrem Haus stand. Und die Angst um den Vater, als dieser einen Tag später von den Amerikanern für einen SS-Angehörigen gehalten wurde und schon mit SS-Männern zur Erschießung gebracht wurde. Ein Liedblatt mit einem Madonnenbild, das er bei sich hatte, überzeugte die GIs in letzter Minute, dass er kein SS-Mann war.
Der Krieg und das Lager ließen Fritz Koeniger auch nach 1945 nicht los. Inspiriert vom sozialen Wirken von Pater Leonhard Roth im Wohnlager für die deutschen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen in den einstigen KZ-Baracken studierte er Sozialarbeit und kümmerte sich in Ingolstadt und Landshut um „Displaced Persons“. Später baute er die Caritas Dachau auf, gründete eine Familie und wurde 1970 zum Diakon geweiht. 17 Jahre lang übte er diesen Dienst nebenberuflich in der Pfarrei Heilig Kreuz in Dachau-Ost aus. Ab September 1988 wirkte er als hauptberuflicher Diakon, von 1991 bis zur Pensionierung 1996 in der Dachauer Pfarrei St. Peter. Er lebt heute mit seiner Frau in Dachau.
Das Zeitzeugengespräch mit Fritz Koeniger moderieren Pastoralreferentin Judith Einsiedel von der Katholischen Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau und Kirchenrat Dr. Björn Mensing, Pfarrer und Historiker an der Evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau.
Zur Einstimmung auf einen Besuch des Zeitzeugengesprächs empfehlen wir die Lektüre eines Beitrags von Susanne Schröder (Evangelischer Pressedienst), die 2020 auf Vermittlung von Kirchenrat Mensing Fritz Koeniger interviewen konnte:
Veranstalterinnen: Karmel Heilig Blut Dachau, Katholische Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte Dachau und Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Eintritt Frei
Veranstalter
Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Alte Römerstr. 87
85221 Dachau